Wehrlose Gesellschaft

Schärferes Waffenrecht verhindert keine Gemetzel

Auch eine weitere Verschärfung des Waffenrechts wird in Zukunft so eine schlimme Bluttat wie in Granz nicht verhindern können. Denn hätte der Amokschütze die dabei eingesetzten Waffen nicht legal erworben, hätte er sie sich vermutlich im Darknet oder anderweitig – vielleicht auch durch Einbruch – besorgt. Die Erfahrung lehrt, dass solche Gestalten im Allgemeinen nicht aufzuhalten sind. Schließlich hatte er auch schon an einer Rohrbombe gebastelt.

Der normale, anständige und gesetzestreue Bürger wird bei einer Verschärfung des Waffenrechts jedoch wieder ein Stück weiter entwaffnet. Man traut zwar den jungen Österreichern, die wehrtauglich sind, den Umgang mit Waffen zu, doch sobald sie wieder ins Zivilleben zurückkehren, sollen sie Waffen nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen führen oder besitzen dürfen. Hat der Staat Angst vor seinen eigenen Bürgern?

In der Schweiz war es sogar üblich, dass die Milizionäre ihre Militärwaffen – in der Regel Gewehre – sogar zu Hause aufbewahrt haben. So etwas wäre bei uns undenkbar.

Ich war selbst fünf Jahre beim Bundesheer, davon drei Jahre beim Jagdkommando, wo wir mit Vielem hantierten, was tödlich ist. Unsere Standardwaffe war damals ein Kleinkalibergewehr, als Pistole für so genannte OvD-Dienste hatten wir die Pi 11, doch geschossen haben wir auch mit dem Sturmgewehr 58, der russischen MP 41, der israelischen UZI, dem MG 42 und noch eine Reihe anderer mittlerweile veralteter Kaliber. Auch die amerikanischen Eierhandgranaten haben wir geworfen.

Das heutige Waffenarsenal des Jagdkommandos ist natürlich moderner, doch hätten wir auch mit den uns zur Verfügung stehenden Schießprügeln Leute umbringen können. Darüber hinaus wurden wir auch noch im Minenenlegen und im Sprengen unterrichtet, alles im Hinblick auf einen feindlichen Überfall auf unser Land. Natürlich wurden wir vorher gründlich und einige Tage lang eingehend psychologisch untersucht.

Wieder zurückgekehrt ins Zivilleben traute der Staat seinen ehemaligen Jagdkämpfern dann nicht mehr zu, mit scharf geladenen Waffen sorgsam umgehen zu können und diese auch bei sich führen zu dürfen, denn dafür wäre der Besitz eines Waffenpasses erforderlich, der nicht so leicht vergeben wird.

Der Verweis auf den absolvierten psychologischen Test beim Bundesheer wie auch auf den längeren, oft jahrelangen Umgang mit Militärwaffen reichten allein zum Erwerb eines solchen Dokuments nicht aus. Das, was der Grazer Amokläufer anzubieten hatte, reichte schon.

Doch wenn ehemalige Jagdkommandosoldaten töten wollten, würden sie dafür nicht einmal eine Feuerwaffe benötigen, weil das lautlose und gekonnte Umbringen von Menschen ebenfalls zum Ausbildungsprogramm gehört – eine militärische Spezialeinheit ist eben keine Waldorf-Schule und im Krieg herrschen andere Gesetze.

Mittlerweile aber herrscht schon lange auch eine Art Krieg auf unseren Straßen, bei denen es schon auch zu Situationen kommen kann, in der es gut wäre, wenn auch Zivilisten – sofern diese psychologisch gefestigt und im Umgang mit Waffen Erfahrung haben – bewaffnet wären, weil die Polizei nicht überall und nichts sofort vor Ort sein kann. Man denke nur an die Attentate in Innenstädten und auf Märkten.

Vielleicht hätte man die Zahl der Opfer im Gymnasium in Graz beschränken können, wenn einer der Lehrkräfte im Besitz einer Faustfeuerwaffe gewesen wäre wie es beispielsweise in den USA mancherorts schon der Fall ist.

Doch hierzulande würden sich bewaffnete Lehrer vermutlich hüten, bei einer Bluttat wie in Graz von ihrer Waffe präventiv Gebrauch zu machen, da man bei unseren Gerichten mit Notwehrüberschreitungen schnell im Kriminal landen kann. Und die Erfahrung – grob gesagt – lehrt, dass man gut daran tut, sich vorher ein bisschen anschießen zu lassen, wenn man als Zivilist vorhat, mit der eigenen Waffe einen Amokläufer wie in Graz niederzustrecken, nur um Schlimmeres zu verhindern.

Mit der weiteren Verschärfung des Waffenrechts – darauf gehe ich jede Wette ein – wird eine Bluttat wie in Graz auch in Zukunft nicht zu verhindern sein. Wir können alle nur beten und hoffen, dass es nie wieder dazu kommt!

Titelbild: Fotomontage; Copyright APA/ Hans Klaus Techt; BMI/ Gerd Pachauer